Gleiche Beikost-Methode, anderes Kind. Und es ist genauso wie man es erwarten würde: Nichts neues eigentlich, aber doch so ganz ungewohnt.
Julius sitzt nun schon seit knapp 3 Wochen während der Mahlzeiten bei uns auf dem Schoß. Und das ist wohl mehr oder weniger der letzte Teil unseres Familienlebens an dem er nun endlich auch ganz aktiv teilnimmt. In den Wochen und Monaten vorher hat er sich Schritt für Schritt vom meist still schlummernden Mitbewohner zunächst zum interessierten Beobachter gemausert. Beim nachmittäglichen Spielen im Wohnzimmer war es dann der große Bruder der ihm immer mehr Interaktion entlocken konnte und das Temperament in unserem Kleinen weckte. Kurz vor unserem BLW-Start brabbelte Julius schon lautstark mit Maxi um die Wette und krabbelte wagemutig zwischen den Kletter- und Turnübungen des Großen umher. Freute sich überschwänglich über Maxis Reaktionen und zog sich sogar schon hier und da in den Stand. Nur das Hinsetzen hat er trotz rasanter motorischer Entwicklung noch nicht für sich entdeckt. So starten wir mit der Beikostzeit also wieder auf dem Schoß statt im eigenen Stuhl. Halb so schlimm, man ist ja schon auf alles vorbereitet - dachte ich. Dass mit zwei Kindern aber alles nochmal ganz anders (und natürlich noch viel schöner!!) ist, zeigt sich auch beim Essenlernen.
Die soziale Komponente habe ich zum Beispiel ganz eindeutig unterschätzt. Julius ist es gewohnt, dass es bei unseren gemeinsamen Mahlzeiten etwas lauter und lustiger und manchmal auch hektischer zugeht. Die Abendessen von Maxi, mir und meinem Mann fand er schon immer spannend und beobachtete uns gern von seiner Hochstuhlschale aus. Mein Frühstück, welches ich unter der Woche alleine esse, nachdem der Zwerg und ich den Großen in der Kita abgeliefert haben, hat Julius früher meist verschlafen. Und ein regelmäßiges Mittagessen nur für mich allein gab es eher selten. Als Mahlzeit kannte er also vor dem BLW-Start fast nur das gesellige Abendessen. Eigentlich logisch, dass ihm diese Mahlzeit auch als Selberesser am aller liebsten sein würde.
Wir starteten an einem Sonntagabend eine knappe Woche bevor er 6 Monate alt war. Es war eher ein spontanes Bauchgefühl, was mich Kartoffeln und Gemüse für den Kleinen beiseite legen ließ. Bereits die 2 Tage vorher hatte Julius schon so deutlich sein Interesse am Essen bekundet, dass ich ihn wohl einfach nicht mehr länger auf die Folter spannen wollte. Kaum hatte ich in der Küche den schon längere Zeit ungenutzten Babyteller rausgeholt und befüllt, hörte ich schon aus dem benachbarten Wohnzimmer: "Ich mag auch einen Babyteller haben! Wie der Julius!" Nein, das rief nicht mein Mann, sondern natürlich Maxi. Hätte ich mir auch denken können. Also zog ich noch ein zweites Exemplar der Silikon-Essmatte aus dem Schrank und arrangierte auch dort mit viel Liebe die gekochten Kartoffeln, sowie gedämpften Brokkoli, Karotten und Blumenkohl. Den Kräuter-Schmand, den es dazu geben sollte stellte ich vorsichtshalber mal nur daneben. Bei Saucen ist der Große nämlich etwas heikel gerade und entscheidet meist sehr spontan, ob sie genießbar sind oder nicht. Dann rief ich meine Männer zum Essen und wir setzten uns wie immer um unsere gemütliche Theke an der Kochinsel. Julius nahm ich auf meinen Schoß. Als hätte er geahnt, dass er heute "mitspielen" darf, freute er sich schon beim Anblick der Teller und ruderte aufgeregt mit den Armen. Kaum war das Gemüse in Reichweite begann er dann auch gleich mit seinen Untersuchungen. Alles wurde probiert und es gab eine bunte Sauerei. Maxi schien ganz begeistert von unserem neuen Tischmitglied und reservierte sich jedes Stück, das Julius fallen lies, gleich für seinen Teller. "Die Karotte mag ich essen!" Genau die!" usw. Da mein Mann und ich ohnehin schon genug Boden-Essen aus Maxis BLW-Anfangszeit gegessen haben, traten wir in diesem Fall alles gern an den Großen ab. Gegessen haben an diesem Abend nur wir 3. In Julius Bauch sind wohl außer ein paar Brokkoli-Pünktchen keine nennenswerten Mengen angekommen. Aber er hatte seinen Spaß und darf nun endlich mitmachen...
Am nächsten Morgen kredenzte ich ihm meine bewährten Hafertaler zum Frühstück, aber er wusste nicht so recht was er damit anfangen sollte. Schob die Dinger von links nach rechts auf dem Tisch (Teller waren noch in der Spülmaschine) und griff hier und da mal zu. Aber zum Mund schaffte es keiner der Kekse. Erst nach ein paar Tagen als sich dieses Schauspiel morgens immer wiederholte, während er abends begeistert probierte, kam ich drauf, dass er wohl mit mir alleine am Tisch niemanden hatte, bei dem er sich abschauen konnte, was zu tun war. Wie gut, dass es nicht mehr lang bis zur Elternzeit meines Mannes war. Das bedeutete sehr viel weniger zweisame Mahlzeiten.
Und heute? Er hat in diesen paar Tagen unglaublich viel gelernt. Nicht nur, dass eine Mahlzeit auch mal mit Mama alleine stattfinden kann, sondern auch wie man abbeißt und kaut. Nicht bei jeder Mahlzeit zeigt er bisher die neuen Fähigkeiten, aber hin und wieder isst er richtig (im Rahmen seiner Möglichkeiten) mit. Heute Mittag zum Beispiel. Es gab nur ein schnelles Roggenbrot mit Frischkäse und Gurke, da ich abends kochen wollte. Trotzdem schien Julius ganz begeistert von der Auswahl zu sein und mühte sich ordentlich motiviert an der Gurke ab, bis er nur noch ein Stück Schale aus dem Mund zog. Das komplette obere Ende des Gurkensticks hatte er genüsslich abgenagt und so baumelte nur noch die haltlose Schale oben aus seiner Faust heraus. Ohne Zähne wohlgemerkt. Die Technik dahinter ist mir persönlich ein Rätsel, aber er kanns.
Und ich bin schon jetzt gespannt, womit er uns in den kommenden Tagen noch zum Staunen bringen wird...
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